Liebermann

Liebermann
Liebermann,
 
1) Carl (Karl) Theodor, Chemiker, * Berlin 23. 2. 1842, ✝ ebenda 28. 12. 1914, Vetter von 2); seit 1873 Professor in Berlin (zunächst an der TH, ab 1879 an der Universität, 1914 am Kaiser-Wilhelm-Institut); ermittelte mit C. Graebe die Struktur von Anthrachinon und Alizarin und stellte mit Graebe 1869 erstmals das Alizarin synthetisch her; arbeitete ferner über Anthracen und Phenanthren, entwickelte u. a. eine Methode zur Herstellung sekundärer Amine.
 
 2) Max, Maler und Grafiker, * Berlin 20. 7. 1847, ✝ ebenda 8. 2. 1935, Vetter von 1), Großonkel von 3); ausgebildet in Berlin und Weimar. Liebermann hielt sich 1873-78 in Paris auf (Einflüsse von G. Courbet und J.-F. Millet), 1878-84 in München (Anregungen von W. Leibl). 1884 ließ er sich in Berlin nieder. Ab 1874 verbrachte er die Sommermonate häufig in den Niederlanden (Bekanntschaft mit J. Israëls). 1898 gründete er mit W. Leistikow die Berliner Sezession. 1920-33 war er Präsident der Preußischen Akademie der Künste. Liebermann, der bedeutendste Vertreter des deutschen Impressionismus, wurde von den Nationalsozialisten wegen seiner jüdischen Abstammung verfemt.
 
In seiner ersten Schaffensperiode entstanden v. a. naturalistische Darstellungen unterprivilegierter Menschen, meist bei der Verrichtung einer Arbeit. Er verwendete häufig schwere, dunkle Töne. Unter dem Einfluss der Schule von Barbizon hellten sich die Farben auf. Er bediente sich nun zunehmend impressionistischer Effekte und Motive. In den 90er-Jahren trat die Darstellung der Bewegung in den Vordergrund (Reiter oder badende Knaben am Strand, sich aufbäumende Pferde, wimmelnde Straßenszenen); sie wird v. a. von seinem temperamentvollen, pastosen Farbauftrag getragen. Liebermanns Form des Impressionismus gelangte nun zur vollen Entfaltung. Die letzte Phase wird von sonnendurchfluteten Gartenbildern aus Wannsee bestimmt. Liebermann schuf herausragende, psychologisch eindrucksvolle Porträts sowie ein bedeutendes grafisches Werk. - Sein im Zweiten Weltkrieg zerstörtes Wohnhaus in Berlin am Pariser Platz wurde nach Plänen des Architekten J. P. Kleihues in Anlehnung an das alte Gebäude neu gebaut (1996-99, 2000 offiziell eröffnet) und ist heute Sitz der »Stiftung Brandenburger Tor« der Bankgesellschaft Berlin.
 
Werke: Die Gänserupferinnen (1871-72; Berlin, Nationalgalerie); Altmännerhaus in Amsterdam (1880; Stuttgart, Staatsgalerie); Freistunde im Amsterdamer Waisenhaus (1881-82; Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut); Die Bleiche (1882-83; Köln, Wallraf-Richartz-Museum); Frau mit Geißen in den Dünen (1890; München, Neue Pinakothek); Badende Knaben (1898; München, ebenda); Terrasse im Restaurant Jacob in Nienstedten an der Elbe (1902-03; Hamburg, Kunsthalle); Judengasse in Amsterdam (1905; Köln, Wallraf-Richartz-Museum); Der Garten des Künstlers in Wannsee (1918; Hamburg, Kunsthalle); Professor Ferdinand Sauerbruch (1932; ebenda).
 
 
G. Busch: M. L. (1986);
 G. Meissner: M. L. (Neuausg. 1987);
 B. Küster: M. L. (1988);
 M. Bunge: M. L. als Künstler der Farbe (1990);
 G. Schiefler: M. L. Sein graph. Werk. 1876-1923 (San Francisco, Calif., 41991);
 K. Boskamp: Studien zum Frühwerk von M. L. (1994);
 M. Eberle: M. L. 1847-1935. Werkverz. der Gemälde u. Ölstudien, 2 Bde. (1995-96);
 
Eine Liebe zu Berlin. Künstlersalon u. Gartenatelier von M. L., bearb. v. C. Hölz u. G. Kolber (1995);
 
»Nichts trägt weniger als der Schein«. M. L., der dt. Impressionist, bearb. v. D. Hansen, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen (1995);
 B. Schmalhausen: »Ich bin doch nur ein Maler«. M. u. Martha L. im »Dritten Reich« (21996).
 
 3) Rolf, schweizerischer Komponist und Intendant, * Zürich 14. 9. 1910, ✝ Paris 2. 1. 1999, Großneffe von 2); studierte u. a. bei H. Scherchen, war 1959-73 und wieder 1985-88 Intendant der Staatsoper Hamburg sowie 1973-80 Generalintendant der Pariser Opernhäuser. Seine Kompositionen zeichnen sich bei freier Zwölftontechnik durch sinnliche Klangschönheit aus. Er veröffentlichte »Actes et entreactes« (1976; deutsch »Opernjahre«) und »En passant par Paris« (1980; deutsch »Und jedermann erwartet sich ein Fest: Musiktheater«).
 
Werke: Opern: Leonore 40/45 (1952); Penelope (1954); Die Schule der Frauen (1955); La forêt (1987); Freispruch für Medea (1995).
 
Instrumentalwerke: Furioso (1947, für Orchester); Sinfonie 1949 (1949); Concerto (1954, für Jazzband und Sinfonieorchester); Les échanges (1964, für 156 Maschinen); Cosmopolitan greetings (1988, für 12 Solostreicher); 3 × 1 = CH + X (1991); Concerto (1994, für Violine und Orchester); Enigma (1995, für Orchester).
 
Vokalwerke: Streitlied zwischen Leben und Tod (1950, dramatische Kantate für Soli, Chor und Orchester, Text von R. Kothe); Ferdinand (1984, Parabel für Sprecher und Instrumente, Text von M. Leaf).

Universal-Lexikon. 2012.

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